Auch im Juli hat sich in der Welt der juristischen KI viel bewegt – von neuen Produktfeatures über warnende Gerichtsurteile bis hin zu politischen Weichenstellungen und News vom Legal AI-Markt aus den USA. Wir fassen in diesem Beitrag die wichtigsten Entwicklungen für Sie zusammen.
1. Wolters Kluwer: KI für AnNoText & TriNotar
Wolters Kluwer ergänzt seine Kanzlei- und Notariatslösungen um KI-Module wie „Document Chat“ und „Case Chat PLUS“, die bei Dokumentenprüfung, Aktenzusammenfassung und Textformulierung unterstützen – vollständig integriert und datenschutzkonform. Die KI-Module greifen ausschließlich auf kanzleiinterne Daten zu und berücksichtigen berufsrechtliche Vorgaben wie § 203 StGB und § 43e BRAO. Unterstützt durch einen Knowledge Graph mit 900 Millionen Tokens juristischer Texte soll so eine besonders präzise Argumentation ermöglicht werden.
2. Anwalt mit „halluziniertem“ KI-Schriftsatz
Ein Kölner Anwalt nutzte eine generative KI zur Erstellung eines Schriftsatzes – mit frei erfundenen Inhalten. Das Amtsgericht Köln sprach von einem Verstoß gegen § 43a BRAO und wies die Klage als „offensichtlich unzulässig und unbegründet“ zurück. Die KI hatte unter anderem einen nicht existenten Mietvertrag erfunden und das Gericht irreführend zitiert. Der Fall zeigt deutlich, wie riskant der Einsatz nicht juristisch trainierter KI-Tools im professionellen Umfeld sein kann.
3. Gemeinsame Erklärung: KI in der Justiz
Die Justizminister:innen der Länder und des Bundes haben sich Anfang Juni auf gemeinsame Leitlinien zum KI-Einsatz geeinigt. Ziel ist der gezielte Einsatz von KI zur Unterstützung – etwa bei der Aktenanalyse oder Prognosen – ohne die richterliche Entscheidungskompetenz zu ersetzen. Auch Transparenz und Nachvollziehbarkeit sollen jederzeit gewährleistet bleiben. Die Justiz wolle „nicht die Kontrolle abgeben, sondern durch klugen KI-Einsatz bessere Ergebnisse erzielen“, so die gemeinsame Erklärung.
4. LexisNexis & Harvey: KI-Partnerschaft in den USA
LexisNexis und das Legal-AI-Start-up Harvey haben eine strategische Partnerschaft geschlossen, um Inhalte und Technologie enger zu verzahnen. Damit erhalten Harvey-Nutzer Zugang zu hochwertigen juristischen Inhalten wie der US-amerikanischen Rechtsprechung, Shepard’s-Citation-System und mehr. Außerdem arbeiten beide Partner an neuen Workflows für zentrale Schriftsatzarten wie „Motion to Dismiss“. Ziel ist es, die rechtliche Argumentation durch hochwertige Inhalte und präzise KI-Vorschläge zu verbessern.
5. DeepL Voice: KI-Übersetzung für globale Meetings
DeepL erweitert seine Live-Übersetzungslösung „DeepL Voice“ um neue Funktionen: Die KI-gestützte Spracherkennung ist künftig auch in Zoom integriert und unterstützt nun Mandarin, Ukrainisch und Rumänisch. Neu ist außerdem die automatische Erstellung von Transkripten und Übersetzungen zur Nachbereitung von Meetings. Angesichts wachsender internationaler Verflechtungen – etwa mit über 5.000 deutschen Unternehmen in China – wird DeepL Voice zu einem wichtigen Baustein für barrierefreie Kommunikation.
News aus dem internationalen Markt
Big Law in den USA: KI-Einsatz auf breiter Front
Großkanzleien wie DLA Piper, Sidley Austin und Gibson Dunn setzen verstärkt auf generative KI in Bereichen wie Vertragsanalyse, Due Diligence und Compliance. Dabei kombinieren sie verschiedene Tools – z. B. ChatGPT Enterprise, Microsoft Copilot oder Harvey – oft mit eigener technischer Infrastruktur. Einige Kanzleien entwickeln auch firmeninterne KI-Lösungen, um sensible Daten zu schützen und spezifische Anforderungen zu erfüllen. Die neue Technologie wird gezielt zur Produktivitätssteigerung und besseren Mandatsbearbeitung eingesetzt.
Neue Studie zeigt: KI halluziniert weiterhin
Eine aktuelle Studie der Stanford University hat untersucht, wie zuverlässig juristische KI-Tools wirklich sind. Dabei stellte sich heraus, dass Systeme wie Lexis+ AI, Westlaw AI und CaseText CoCounsel noch immer in 17–33 Prozent der Fälle sogenannte „Halluzinationen“ erzeugen. Die Fehler traten insbesondere bei komplexen rechtlichen Fragen und spezifischen Urteilsanalysen auf. Das Forschungsteam fordert deshalb strengere Qualitätskontrollen für KI-Anwendungen im juristischen Bereich.
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